Hi-Res Audio: Klingt es wirklich besser? Aktuelle Erkenntnisse
Die Technische Seite: Mehr Daten = Mehr Information?
Rein theoretisch ja. Eine Hi-Res-Datei mit 192 kHz/24 Bit enthält deutlich mehr digitale Informationen als eine CD mit 44,1 kHz/16 Bit:
- CD-Audio: 1.411 kbps Datenrate
- 192 kHz/24 Bit: 9.216 kbps Datenrate
Höhere Abtastrate bedeutet präzisere Erfassung des analogen Signals. Höhere Bittiefe erlaubt feinere Abstufungen in der Amplitude.
Aber hier kommt die wichtige Frage: Kann das menschliche Ohr diese Unterschiede überhaupt wahrnehmen?
Die wissenschaftliche Realität: Was die Forschung zeigt
Das Nyquist-Shannon Theorem: Eines der fundamentalen Konzepte der Audiotechnik besagt, dass eine Abtastrate von 44,1 kHz theoretisch ausreichend ist, um alle Frequenzen bis etwa 20 kHz zu erfassen – das ist die obere Grenze des menschlichen Hörvermögens.
Erkenntnis: Eine CD-Audio mit 44,1 kHz deckt theoretisch den gesamten hörbaren Frequenzbereich ab.
Warum dann Hi-Res?
Es gibt mehrere wissenschaftliche Gründe:
- Frequenzen oberhalb 20 kHz: Obwohl diese für das bewusste Hören nicht wahrnehmbar sind, können sie das Gesamtklangbild subtil beeinflussen. Manche Forscher vermuten einen unbewussten Effekt.
- Headroom und Vermeidung von Artefakten: Hi-Res bietet mehr digitalen Spielraum und kann bestimmte Rekonstruktionsartefakte bei der D/A-Wandlung vermeiden.
- Mastering-Prozess: Hi-Res-Originale erlauben besseres Mastering. Auch wenn die finale Datei komprimiert wird, kann das Mastering-Verfahren qualitativ hochwertiger sein.
- Subjektives Hörempfinden: Zahlreiche Hörtests zeigen, dass trainierte Ohren in optimaler Umgebung minimale Unterschiede wahrnehmen können – aber nicht konsistent.
Die kontroverse Studienlage
Blinde Hörtests, bei denen der Hörer nicht weiß, welche Version er hört, zeigen ein interessantes Bild: Die meisten Hörer können keinen zuverlässigen Unterschied zwischen Hi-Res und CD-Audio erkennen. In kontrollierten Bedingungen schneidet Hi-Res nicht signifikant besser ab, und Placebo-Effekte spielen eine große Rolle.
Allerdings gibt es Ausnahmen: Mit hochwertigster Hardware und optimalen Bedingungen erkennen einige trainierte Hörer subtile Unterschiede. Wichtig ist jedoch, dass dieser Unterschied deutlich geringer ist als zwischen komprimiertem Audio (MP3) und unkomprimiertem Audio.
Was benötigt man für Hi-Res Audio?
Die Komponenten müssen passen. Hi-Res ist nur so gut wie die schwächste Komponente in Ihrer Kette:
1. Quelle: Hi-Res-Dateien oder -Streams
- Tidal HiFi Plus: Bis 192 kHz/24 Bit
- Qobuz Studio Premier: Bis 192 kHz/24 Bit
- Lokale Dateien: Download-Portale wie Qobuz, highresaudio.com oder bandcamp
2. Transport: Stabile Netzwerk-Verbindung
- Kabelgebundenes Ethernet ist ideal
- WiFi 6 oder besser ist praktikabel
- USB-Anschluss für Streamer ist Standard
3. DAC (Digital-to-Analog-Konverter): Das Herzstück
- Muss 192 kHz/24 Bit unterstützen
- Qualitäts-DACs von Topping, RME, Chord oder Cambridge Audio
- Moderne AV-Receiver haben oft brauchbare DACs integriert
4. Verstärker: Mit gutem Phono-Eingang (falls Vinyl)
- HiFi-Verstärker oder AV-Receiver
- Streaming-Verstärker wie Bluesound oder Marantz Cinema
- Muss minimales Rauschen haben
5. Lautsprecher: Die entscheidende Komponente
- Hochwertige passive oder aktive Lautsprecher
- Die Raumakustik ist MINDESTENS genauso wichtig wie Hi-Res-Support
- Ein billiger Speaker mit Hi-Res kann schlechter klingen als ein guter ohne Hi-Res

Der Eversolo Play CD unterstützt Hi-Res-Streaming (bis 32Bit/768kHz, DSD512) und verfügt über ein CD-Laufwerk.
Die unbequeme Wahrheit
Die unbequeme Wahrheit ist, dass Raumakustik oft wichtiger ist als Hi-Res Audio. Ein großer Raum mit schlechter Akustik wird Hi-Res nicht zur Geltung bringen. Investitionen in Möbelplatzierung, Absorber und Diffusoren sowie die optimale Lautsprecher-Aufstellung machen oft einen größeren Unterschied als Hi-Res selbst.
Gleichzeitig ist die Quelle entscheidend: Die beste Hi-Res-Datei nützt nichts, wenn das Mastering schlecht ist, die Aufnahme aus einem komprimierten Original stammt oder der Stream über eine instabile Verbindung kommt.
Wann lohnt sich Hi-Res wirklich?
Hi-Res Audio hat durchaus seinen Platz, etwa in der Musikproduktion und beim Mastering, wo Profis mit Hi-Res-Sessions arbeiten. Auch bei klassischer Musik bieten viele audiophile Labels Hi-Res-Aufnahmen an.
Darüber hinaus ist unkomprimiertes Streaming – auch ohne Hi-Res – deutlich besser als MP3, und für Musikliebhaber, die ihre persönliche Sammlung optimieren möchten, kann Hi-Res ein sinnvolles Upgrade sein. Allerdings ist Hi-Res nicht für jeden notwendig.
Gelegenheitshörer, die nur entspannt Musik hören möchten, kommen mit CD-Qualität vollständig aus. Wer mit schlechter Raumakustik kämpft, sollte das Geld lieber dort investieren. Bei kleinerem Budget bringen bessere Lautsprecher oder Raumakustik-Optimierungen deutlich mehr Gewinn. Und für portable Nutzung auf Kopfhörern wird der Unterschied zwischen Hi-Res und CD-Audio ohnehin noch geringer.
Praxis-Tipps
Wer in Hi-Res investieren möchte, sollte zunächst die Grundlagen optimieren. Dazu gehören gute Lautsprecher (nicht billig), optimale Raumakustik und ein stabiles, kabelgebundenes Netzwerk.
Erst danach lohnt sich die Erweiterung um Hi-Res: ein Streaming-Service mit Hi-Res-Option, ein hochwertiger DAC und ein Netzwerk-Streamer mit Hi-Res-Support.
Allerdings ist es wichtig, realistische Erwartungen zu haben. Der Unterschied ist subtil, nicht dramatisch, und setzt trainierte Ohren sowie optimale Bedingungen voraus. Psychologische Effekte spielen dabei ebenfalls eine Rolle.

Der D/A-Wandler (DAC) Rose RD 160
Konkrete Hardware-Empfehlungen (2025)
Hi-Res Streamer:
- Bluesound NODE ICON (bis 192 kHz)
- WiiM Ultra
- Eversolo Play
DACs:
- Audiolab D7 (768 kHz/32 Bit)
- Hegel D50 (High-End)
- Cambridge Audio DacMagic 200M
Streaming-Dienste:
- Tidal HiFi Plus (192 kHz/24 Bit)
- Qobuz Studio Premier (192 kHz/24 Bit)
- Beide mit 30-Tage-Testversion
- In unseren Kategorieren Streaming-Player und D/A-Wandler (DACs) finden Sie eine große Auswahl aktueller Streaming-Komponenten.
Fazit: Klingt Hi-Res wirklich besser?
Die ehrliche Antwort auf die Frage „Klingt Hi-Res wirklich besser?" lautet: Es kommt darauf an. Technisch gesehen bietet Hi-Res zweifellos mehr digitale Information. Beim tatsächlichen Hörerlebnis kann es bei optimaler Hardware und Raumakustik möglicherweise einen subtilen Unterschied machen, aber für die breite Masse sind die Unterschiede zu klein. Oft ist der psychologische Effekt größer als der akustische Unterschied selbst.
Hi-Res Audio ist letztendlich kein Universalwunder. Es kann das Hörerlebnis marginal verbessern, aber nur wenn alle anderen Komponenten stimmen. Bevor Sie in Hi-Res investieren, sollten Sie sicherstellen, dass Ihre Lautsprecher hochwertig sind, Ihre Raumakustik optimiert ist, Ihr Netzwerk stabil läuft und Sie mit Ihrem aktuellen Setup zufrieden sind. Erst dann können Sie Hi-Res als nächsten Optimierungsschritt in Betracht ziehen – nicht als First-Priority-Investment. Am Ende des Tages gilt aber: Die beste Musik ist immer noch die, die Sie lieben – Hi-Res oder nicht.
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